Das Sozialsystem mit seiner Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung „in ihrer jetzigen Form langfristig nicht finanzierbar“ so Christian Lindner

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) findet drastische Worte angesichts des aktuellen Berichtes zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sei „in ihrer jetzigen Form langfristig nicht finanzierbar“, sagte Lindner bei der Vorstellung der Studie, deren Aufgabe es ist, die Zukunftsfähigkeit der Sozialversicherung in einer alternden Bevölkerung zu bewerten. Er mahnt „Strukturreformen in allen relevanten Politikbereichen“ an.

 

„Langfristig nicht finanzierbar“

In der vergangenen Woche hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den sechsten Tragfähigkeitsbericht vorgestellt: und die Ergebnisse sind, zumindest aus seiner Sicht, erschreckend. Er wertet die Ergebnisse als „Appell an die Politik, Strukturreformen in allen relevanten Politikbereichen anzustoßen“. Und weiter sagt er:

Die aktuelle Ausgestaltung der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung ist in ihrer jetzigen Form langfristig nicht finanzierbar.“

Konkret fallen die Prognosen der Experten noch etwas pessimistischer aus als im Vorgängerbericht, der im Corona-Jahr 2020 erschienen ist. Und das, obwohl sich die Ausgangslage zunächst verbessert zu haben scheint. Die jüngste Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes fällt optimistischer aus als in der Vergangenheit: Die Bevölkerung soll weniger stark altern als bisher angenommen.

Ging das Statistische Bundesamt bisher davon aus, dass im Jahr 2060 auf 100 Personen der Gesamtbevölkerung 55 Seniorinnen und Senioren der Generation 65+ kommen, so werden es nach der neuesten Prognose nur noch knapp 45 Seniorinnen und Senioren sein.

 

„Schlechtere wirtschaftliche Ausgangslage“

Die Verschlechterung der Tragfähigkeit im Vergleich zum letzten Bericht ist unter anderem die Folge einer verschlechterten Ausgangslage der deutschen Wirtschaft und der öffentlichen Finanzen infolge der jüngsten Krisen“, heißt es im Pressetext des Bundesfinanzministeriums zum Bericht. Und auch: „Die Anstrengungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie und der durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Energiekrise haben sich deutlich auf die Tragfähigkeit ausgewirkt„.

Darüber hinaus führe die Verlängerung des Simulationszeitraums von 2060 auf 2070 zu einem Anstieg der Tragfähigkeitslücke, berichten die Autoren der Studie weiter. Hinzu treten geänderte Annahmen und Fortschreibungsmethoden: Unter anderem gehen die Autoren davon aus, dass höhere Kosten im gesetzlichen Krankenkassen- und Pflege-System drohen als ursprünglich angenommen, etwa durch höhere Löhne und die Kosten des medizinischen Fortschritts.

Der 6. Tragfähigkeitsbericht zeigt die Herausforderungen, die aus dem demografischen Wandel in Zukunft für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zur Wahrung der fiskalischen Resilienz und finanzpolitischen Solidität voraussichtlich erwachsen. Somit knüpft der 6. Tragfähigkeitsbericht an die finanzpolitische Strategie nahtlos an und untermauert die in der finanzpolitischen Strategie verankerte Ausrichtung der Finanzpolitik.

Im Bereich der Altersvorsorge soll mit dem geplanten Generationenkapital ein
Paradigmenwechsel in der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV)
erfolgen. Der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung erweitert die finanzielle
Basis der GRV um ein von der demografischen Entwicklung in Deutschland
weitestgehend unabhängigen, langfristigen Finanzierungsbaustein und stärkt somit die Tragfähigkeit.

 

Staat wird Schuldenverwalter – für Investitionen fehlt Geld

Infolge der explodierenden Schulden hätte die Politik kaum noch Handlungsspielraum, etwa für notwendige Investitionen in Bildung und Infrastruktur, warnen die Autoren der Studie. Der Staat müsste jährlich zwischen 66 Milliarden und 194 Milliarden Euro mehr einnehmen – oder weniger ausgeben, um die Maastricht-Kriterien wieder einhalten zu können, macht der Ökonom Thiess Büttner in einem Interview mit der „WirtschaftsWoche“ deutlich.

 

( Auszüge von Versicherungsbote.de und Bundesfinanzministerium.de)