Leichte Sprache in Versicherungen 2024: GDV-Initiative für bessere Verständlichkeit
Versicherungsbedingungen sind oft schwer verständlich, da sie juristisch präzise formuliert werden müssen. Dies kann für viele Menschen, besonders solche mit geringen Deutschkenntnissen oder Leseschwierigkeiten, problematisch sein.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat eine Lösung entwickelt:
Leichte Sprache im Verbraucherportal
Eine neue Sektion auf „Die Versicherer“ verwendet „Leichte Sprache“
Gängige Versicherungsarten werden einfach erklärt
Informationen sind als Text und Audio verfügbar
Ziel der Initiative Der GDV möchte Barrieren abbauen und allen Menschen den Zugang zu Versicherungsinformationen erleichtern. Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, betont die Bedeutung dieses Angebots für die Verständlichkeit der komplexen Versicherungswelt.
Diese Initiative ist ein wichtiger Schritt, um Versicherungsinformationen für eine breitere Zielgruppe zugänglich zu machen und das Verständnis für verschiedene Versicherungsprodukte zu fördern. Leichte Sprache: Barrierefreie Kommunikation für alle
Leichte Sprache ist ein wichtiges Instrument, um Informationen für möglichst viele Menschen zugänglich zu machen. Sie ermöglicht barrierefreie Kommunikation und fördert die Inklusion in unserer Gesellschaft. In diesem umfassenden Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über Leichte Sprache, ihre Bedeutung, Anwendungsbereiche und Regeln.
Was ist Leichte Sprache?
Leichte Sprache ist eine speziell geregelte, vereinfachte Form der deutschen Standardsprache[3]. Sie zielt darauf ab, Texte und Informationen besonders leicht verständlich zu machen. Dabei folgt sie bestimmten Regeln und Prinzipien, die die Zugänglichkeit von Inhalten für Menschen mit unterschiedlichen Lese- und Verständnisfähigkeiten erhöhen.
Hauptmerkmale der Leichten Sprache:
Einfache Wörter
Kurze Sätze
Klare Struktur
Verzicht auf Fremdwörter und Fachbegriffe
Visuelle Unterstützung durch Bilder oder Symbole
Leichte Sprache ist nicht zu verwechseln mit Kindersprache. Sie richtet sich an Erwachsene und behält die üblichen Anredeformen wie „Sie“ bei.
Warum ist Leichte Sprache wichtig?
Die Bedeutung von Leichter Sprache lässt sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten:
Inklusion und Teilhabe: Leichte Sprache ermöglicht Menschen mit Leseschwierigkeiten oder kognitiven Einschränkungen den Zugang zu Informationen. Dies fördert ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und stärkt ihre Autonomie.
Barrierefreiheit: Als Teil der Barrierefreiheit ist Leichte Sprache ein wichtiger Baustein für eine inklusive Gesellschaft. Sie hilft, Informationsbarrieren abzubauen und ermöglicht allen Menschen den Zugang zu wichtigen Inhalten.
Gesetzliche Verpflichtung: In Deutschland sind öffentliche Einrichtungen durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Informationen in Leichter Sprache.
Wer profitiert von Leichter Sprache?
Leichte Sprache wurde ursprünglich für Menschen mit geistigen Behinderungen oder Lernschwierigkeiten entwickelt. Inzwischen hat sich gezeigt, dass ein wesentlich größerer Personenkreis von ihr profitiert:
Menschen mit Leseschwächen oder funktionalem Analphabetismus
Personen mit Aphasie (erworbene Sprachstörung)
Menschen mit prälingualer Hörschädigung
Personen mit Demenz
Menschen mit geringen Deutschkenntnissen
Alle, die komplexe Themen schnell erfassen möchten
Regeln der Leichten Sprache
Um Texte in Leichter Sprache zu verfassen, gibt es spezielle Regelwerke. Die wichtigsten Grundsätze sind:
Sprachliche Regeln:
Kurze, einfache Sätze verwenden
Pro Satz nur eine Aussage machen
Aktive und positive Formulierungen bevorzugen
Genitiv vermeiden, stattdessen „von“ verwenden
Konjunktiv vermeiden
Abstrakte Begriffe durch konkrete Beispiele ersetzen
Wortschatz:
Einfache, allgemein bekannte Wörter verwenden
Fremdwörter und Fachbegriffe vermeiden oder erklären
Zusammengesetzte Wörter mit Bindestrich oder Mediopunkt trennen (z.B. „Bundes·tag“)
Zahlen und Mengenangaben:
Zahlen als Ziffern schreiben
Große Zahlen vereinfachen (z.B. „viele“ statt präziser Angaben)
Prozentangaben vermeiden oder erklären
Textgestaltung:
Jeden Satz auf eine neue Zeile setzen
Linksbündigen Flattersatz verwenden
Schriftgröße mindestens 14 Punkt
Serifenlose Schriftarten einsetzen
Visuelle Unterstützung:
Bilder und Symbole zur Veranschaulichung nutzen
Wichtige Informationen hervorheben (z.B. durch Fettdruck)
Unterschied zur Einfachen Sprache
Leichte Sprache und Einfache Sprache werden oft verwechselt, unterscheiden sich aber in einigen Punkten:
Leichte Sprache:
Stärkere Vereinfachung
Kürzere Sätze (idealerweise maximal 8 Wörter)
Spezielle Formatierungen (z.B. Trennstriche in Komposita)
Zielgruppe: Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geringen Sprachkenntnissen
Einfache Sprache:
Moderate Vereinfachung
Längere Sätze möglich (bis zu 15 Wörter)
Normaler sprachlicher Eindruck
Breitere Zielgruppe: Menschen mit leichten Leseschwierigkeiten oder geringem Fachwissen
Anwendungsbereiche der Leichten Sprache
Leichte Sprache findet in vielen Bereichen Anwendung:
Die Erstellung von Texten in Leichter Sprache bringt einige Herausforderungen mit sich:
Komplexitätsreduktion: Es ist oft schwierig, komplexe Sachverhalte so zu vereinfachen, dass sie leicht verständlich sind, ohne dabei wichtige Informationen zu verlieren oder Inhalte zu verfälschen.
Zeitaufwand: Die Übertragung von Texten in Leichte Sprache kann sehr zeitaufwendig sein, da jeder Satz sorgfältig formuliert und geprüft werden muss.
Qualitätssicherung: Um sicherzustellen, dass die Texte tatsächlich von der Zielgruppe verstanden werden, sollten sie von Prüflesern aus der Zielgruppe getestet werden. Dies erfordert zusätzlichen Aufwand und Zeit.
Akzeptanz: Nicht alle Menschen sehen die Notwendigkeit von Leichter Sprache. Es gibt Kritiker, die eine „Vereinfachung“ der Sprache als problematisch empfinden.
Rechtliche Aspekte: Bei der Übersetzung von rechtlich bindenden Texten in Leichte Sprache muss darauf geachtet werden, dass keine juristischen Ungenauigkeiten entstehen.
Forschung und Entwicklung
Die Leichte Sprache ist ein relativ junges Forschungsfeld, das sich stetig weiterentwickelt. Einige wichtige Forschungsinitiativen sind:
LeiSA-Studie: An der Universität Leipzig wurde von 2014 bis 2017 erforscht, wie Leichte Sprache im Arbeitsumfeld die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Lernschwierigkeiten verbessern kann.
Forschungsstelle Leichte Sprache: An der Universität Hildesheim gibt es eine Forschungsstelle, die sich intensiv mit der Weiterentwicklung und Optimierung der Leichten Sprache beschäftigt.
Internationale Forschung: Auch in anderen Ländern gibt es Forschung zu vereinfachten Sprachformen, wie „Easy-to-Read“ oder „Plain Language“. Der internationale Austausch trägt zur Weiterentwicklung der Leichten Sprache bei.
Kritik und Kontroversen
Trotz ihrer wichtigen Funktion ist die Leichte Sprache nicht unumstritten:
Sprachliche Verarmung: Kritiker befürchten, dass die starke Vereinfachung zu einer Verarmung der Sprache führen könnte.
Übersimplifizierung: Es besteht die Gefahr, dass komplexe Sachverhalte durch die Vereinfachung verfälscht oder zu stark reduziert werden.
Stigmatisierung: Einige sehen in der Verwendung von Leichter Sprache eine potenzielle Stigmatisierung der Zielgruppe.
Ressourcenaufwand: Die Erstellung und Pflege von Texten in Leichter Sprache erfordert zusätzliche Ressourcen, was in Zeiten knapper Budgets kritisch gesehen wird.
Zukunftsperspektiven
Die Bedeutung der Leichten Sprache wird in Zukunft voraussichtlich weiter zunehmen:
Digitalisierung: Mit der fortschreitenden Digitalisierung wächst der Bedarf an barrierefreien digitalen Inhalten, einschließlich Texten in Leichter Sprache.
Demografischer Wandel: Eine alternde Gesellschaft könnte zu einer größeren Nachfrage nach leicht verständlichen Informationen führen, insbesondere im Gesundheits- und Pflegebereich.
Internationale Standardisierung: Es ist denkbar, dass sich in Zukunft internationale Standards für vereinfachte Sprachformen entwickeln, die länderübergreifend angewendet werden.
Technologische Unterstützung: KI-gestützte Tools könnten in Zukunft die Erstellung und Überprüfung von Texten in Leichter Sprache unterstützen und den Prozess effizienter gestalten.
Zusammenfassung
Leichte Sprache ist ein wichtiges Instrument zur Förderung von Inklusion und Barrierefreiheit in unserer Gesellschaft. Sie ermöglicht es Menschen mit unterschiedlichen Lese- und Verständnisfähigkeiten, an Informationen und damit am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Trotz einiger Herausforderungen und Kritikpunkte überwiegen die Vorteile der Leichten Sprache deutlich.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Forschung in diesem Bereich wird dazu beitragen, die Qualität und Akzeptanz von Texten in Leichter Sprache weiter zu verbessern. Für eine wirklich inklusive Gesellschaft ist es wichtig, dass Informationen für alle Menschen zugänglich sind – und Leichte Sprache leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.
Indem wir Leichte Sprache fördern und weiterentwickeln, schaffen wir eine Basis für bessere Kommunikation und mehr Verständnis zwischen allen Mitgliedern unserer Gesellschaft. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer wahrhaft inklusiven und barrierefreien Welt.
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